(Kommentare: 0)
Social Freezing in Österreich erlaubt: Was das neue Urteil bedeutet
Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs zum Social Freezing
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das bisherige Verbot des sogenannten Social Egg Freezing aufgehoben. Nach Ansicht des Gerichts verstößt das ausnahmslose Verbot gegen das Grundrecht auf Privat- und Familienleben, das durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützt ist. Der Wunsch, ein Kind zu bekommen, sei Teil der persönlichen Lebensgestaltung und dürfe daher nicht pauschal eingeschränkt werden.
Ausgelöst wurde das Verfahren durch die Klage einer Frau aus Wien, die ihre Eizellen ohne medizinische Indikation einfrieren lassen wollte und sich dadurch in ihrem Recht auf Selbstbestimmung verletzt sah.
In seiner Begründung betonte der VfGH, dass beim Social Egg Freezing keine ethischen oder moralischen Bedenken bestünden.
Das Urteil sieht vor, dass das Verbot erst mit 1. April 2027 aufgehoben wird. Bis dahin soll der Gesetzgeber klare Rahmenbedingungen schaffen, etwa Altersgrenzen, eine verpflichtende medizinische Beratung sowie Regeln für Werbung und Aufklärung durch Kinderwunschkliniken. Ziel ist, das Verfahren rechtlich zu öffnen, zugleich aber medizinisch und ethisch verantwortungsvoll zu gestalten.
Medizinischer Hintergrund: Was beim Social Freezing passiert
Beim Social Egg Freezing handelt es sich um ein bewährtes Verfahren der Reproduktionsmedizin. Ziel ist es, Eizellen in einer Lebensphase einzufrieren, in der sie biologisch besonders hochwertig sind, meist zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr.
Zunächst wird durch eine Hormonbehandlung die Reifung mehrerer Eizellen gleichzeitig angeregt. Nach wenigen Tagen können die herangereiften Eizellen mithilfe einer feinen Nadel entnommen werden. Der Eingriff erfolgt ambulant und unter leichter Narkose.
Die gewonnenen Eizellen werden anschließend durch Vitrifikation eingefroren. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem sie in flüssigem Stickstoff auf minus 196 Grad Celsius eingefroren werden. Durch diese blitzschnelle Abkühlung bilden sich keine Eiskristalle, die die Zellen beschädigen könnten. In diesem Zustand bleiben sie praktisch unbegrenzt haltbar.
Wenn später ein Kinderwunsch besteht, können die Eizellen aufgetaut, befruchtet und im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation (IVF) in die Gebärmutter eingesetzt werden. Studien zeigen, dass die Erfolgschancen stark vom Alter zum Zeitpunkt der Entnahme abhängen. Je jünger die Frau beim Einfrieren ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Schwangerschaft.
Unterschied innerhalb der Kryokonservierung
Das Einfrieren von Eizellen wird grundsätzlich in zwei Formen unterschieden:
- medizinische Kryokonservierung
- soziale Kryokonservierung
Beide Verfahren beruhen auf derselben Technik, verfolgen aber unterschiedliche Ziele. Bei der medizinischen Kryokonservierung steht der Erhalt der Fruchtbarkeit im Vordergrund, wenn sie durch eine Erkrankung oder Therapie gefährdet ist, etwa bei einer bevorstehenden Krebsbehandlung, bei Endometriose oder einer stark eingeschränkten Eizellreserve. Die Kosten werden in solchen Fällen häufig von der Krankenkasse oder dem IVF-Fonds übernommen.
Das Social Freezing hingegen erfolgt ohne medizinische Indikation. Es richtet sich an Frauen, die ihre Familienplanung bewusst auf einen späteren Zeitpunkt verschieben möchten, entweder aus beruflichen, persönlichen oder partnerschaftlichen Gründen. Medizinisch gesehen ist das Vorgehen identisch, rechtlich und finanziell jedoch anders geregelt.
Gerade dieser Unterschied war bisher entscheidend. Während die medizinisch begründete Kryokonservierung seit Jahren erlaubt ist, galt das Social Freezing als nicht zulässig. Mit der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wird diese Trennung künftig aufgehoben. So wird Frauen mehr Handlungsspielraum und Gleichbehandlung innerhalb der Reproduktionsmedizin ermöglicht.
Einen Kommentar schreiben