Bettys Blog

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Stricken und Yoga

In einer Tageszeitung erschien kürzlich der Bericht über eine Studie der Harvard-Universität, wonach das Stricken gestressten Menschen zur Ruhe verhilft. Das rhythmische Klappern der Nadeln wirkt sich wie Meditation oder Yoga auf die Körperaktivitäten aus und senkt sogar den Blutdruck. So gesehen hatte meine Großmutter schon vor 80 Jahren alternative Heilmethoden zur Hand, die sie mir genetisch vererbt hat.

Strickwolle In den ersten acht Schuljahren bewirkten Stricken und ähnliches jedoch das Gegenteil für mich. Ich hasste förmlich alles, was mit diesem weiblichen Getue wie Sticken, Stricken, Häkeln, Klöppeln und Nähen zu tun hatte und unsere Mitarbeiter (meine Eltern hatten einen Betrieb) hatten alle Hände voll zu tun, mir das Handarbeitsköfferchen Woche für Woche regelmäßig und zeitgerecht in die Schule nachzuliefern, da ich es verlässlich - nach Freudscher Manier - zu Hause vergaß. In Spitzenzeiten strickten sieben Personen an einem Werkstück - unsere Buchhalterin, unsere Reinigungsdame, meine Mutter, meine Großmutter, das Kindermädchen, eine Schneiderin und in manchen Stunden hielt auch ich demonstrativ die Nadeln, bis meine Hände sich verkrampften, um ein Stück zu Ende zu bringen.

Meine Handarbeitslehrerin lobte auch immer wieder die schöne Mitarbeit "meiner" vielen Angestellten und meine jugendliche Begabung im Bereich des komplexen Managements.

Doch kaum hatte ich die Schule hinter mich gebracht, begann ein unwiderstehlicher Drang (nämlich mein Wille) zum Schaffen mit Wolle und Nadel. Jahrelang wütete ich mit glatt und verkehrt - auf einer ziemlich rudimentären Basis dahin - und strickte unendlich viele Schals, Hauben und ellenlange Pullover für meine verzweifelten Freunde. Nachdem mir das irgendwann doch zu eintönig erschien, entwickelte ich meine Begabung weiter, was mir und meiner Familie eine große Anzahl an Socken, Handschuhen und Pullovern mit Zopfmustern und Farbenmix bescherte. Sternchen häkeln für den Christbaum, Frühstücksets mit Osterhasen und Initialien, Endlosschlangen für Webpolster und vieles mehr brachten meinen "schwarzen Fleck" oder meine "biedere" Seite zum Vorschein. Die staunenden Augen des Fußvolkes (Handarbeitslehrerin, Eltern, Freunde), das nicht und nicht verstehen konnte, was in diese sonst eher "Testosteron-dominierte" Person "gefahren" war, und das verzweifelte Gezeter der pulloverbeschenkten Freunde bleiben für mich unvergesslich.

Strickwolle Aber, wie immer in meinem Leben, war ich der Zeit, dem Zeitgeist voraus und wusste innerlich schon lange, wie ich meinen Körper - vom auch schon damals durch Aktivitäten prall gefüllten Tag - in die Entspannungsphase katapultieren konnte. So findet man auch heute in meinem Fernsehzimmer-Kasten mindestens fünf Kilogramm Wolle und sieben begonnene Werkstücke mit diversen Nadeln, die mir die Kombination Weltbildung (Nachrichten) und Unterhaltung (mhm ORF 1 und 2 ?) sowie genadeltes Yoga ermöglichen. Wie die Quantenphysik recht zu haben scheint: "Was jetzt ist, kann auch gestern sein und morgen ist es heute noch nicht vorbei ?!"

Gute Vollmondnacht, Verzweiflungsartikel um 4.10 h früh, da der Vollmond meinen Schlafzimmerausblick ziert und mein mir angetrauter Vollmondgatte leider eigenartige, nicht abzustellende Frequenzschwingungen den im Schatten der Dunkelheit vorbeiziehenden Außerirdischen aus seinem Riechkolben sendet. Ich werde jetzt bis zum Frühstück stricken, um mir die Blutdrucksenker zu ersparen. Good wool!

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