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Geschwisterrivalität

Wer darf mit welchem Spielzeug spielen, die Gutenachtgeschichte aussuchen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln den Türknopf drücken? Es gibt viele Situationen, in denen scheinbar unwichtige Gründe zu einem Streit zwischen Geschwistern führen.

Auch wenn viele Eltern auf diese Streitigkeiten verzichten könnten, ist Rivalität unter Geschwistern etwas völlig Normales und ebenso Bestandteil dieser Beziehung wie Solidarität oder Unterstützung, wenn der Bruder oder die Schwester Hilfe benötigt. In vielen Situationen können Auseinandersetzungen zwischen den Sprösslingen aber durch das richtige Verhalten der Eltern vermieden oder zumindest eingeschränkt werden.

Wie entsteht Geschwisterrivalität?

Obwohl die Ursachen von Geschwisterrivalität in konkreten Streitsituationen oftmals oberflächlich erscheinen, geht es oft um innere Werte, wie Ankerkennung, Wertschätzung oder Mitgefühl, erklärt der Bregenzer Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin. Tatsächlich buhlen die Geschwister in erster Linie um die Liebe und Aufmerksamkeit der Eltern, in Verbindung damit treten auch Gefühle wie Ablehnung, Aggression, Eifersucht und Neid auf. Nicht zuletzt vergleichen sich Geschwister miteinander, fühlt sich einer benachteiligt, kann ebenfalls Rivalität entstehen.

Rivalität unter Geschwistern beginnt in den meisten Fällen schon nach der Geburt der Schwester oder des Bruders, die einige Veränderungen mit sich bringt. Das ältere Kind muss sich fortan nicht nur die so wichtige Aufmerksamkeit der Eltern, sondern oft auf Kinderzimmer oder Spielsachen teilen. Gleichzeitig wird dem Kind von den Eltern eine neue Rolle zugeteilt, es wird als der Vernünftigere der Geschwister angesehen, da es ja schon älter und erfahrener ist.

Geschwisterrivalität

Die Problematik kann aber auch bereits während der Schwangerschaft auftreten, zum Beispiel dann, wenn die Mutter aufgrund eines komplizierten Schwangerschaftsverlaufs längere Zeit im Krankenhaus bleiben muss. Andererseits kann Eifersucht zwischen Geschwistern erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen, wenn das jüngste Kind aktiver im Familienleben ist, sich verschiedene Fähigkeiten herausbilden oder die soziale Anerkennung unterschiedlich ausfällt.

Je geringer der Altersunterschied zwischen den Kindern ausfällt, desto intensiver wird meist auch die Geschwisterrivalität. Das gleiche Geschlecht kann den Effekt noch verstärken - in beiden Fällen fühlen sich die Kinder „ähnlicher“ und die Vergleichsmöglichkeiten sind größer.

Positiv anzumerken ist, dass Geschwister in der Beziehung untereinander ebenso lernen, ihre eigenen Bedürfnisse gegenüber dem anderen durchzusetzen, ihre Persönlichkeit entwickeln und zugleich Emotionen ausleben bzw. versuchen, damit umzugehen. Dass diese Prozesse immer wieder mit Streit einhergehen, lässt sich nicht verhindern. Viele Kinder nehmen durch die Geburt eines jüngeren Geschwisterchens auch mehr Verantwortung wahr und werden dadurch unabhängiger.

Was tun bei Geschwisterrivalität?

Bis zu einem gewissen Grad gehört Rivalität zum Leben von Brüdern und Schwestern, deshalb können und sollen Eltern diese auch nicht immer beeinflussen. Sie können aber Regeln des Miteinanders aufstellen und die Beziehung zwischen Geschwistern durch ihr eigenes Verhalten positiv beeinflussen:

  • Kind auf die Ankunft des Geschwisterchens vorbereiten, indem Vorfreude und die Rolle des großen Bruders/der großen Schwester positiv vermittelt wird
  • Nach der Geburt des Kindes darauf achten, dem älteren Kind weiterhin ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken, beispielsweise durch Extra-Aktivitäten mit dem Vater
  • Kind nicht in neuer Rolle überfordern
  • Kinder nicht gegeneinander aufstacheln, indem etwa Leistungen verglichen werden

Selbst wenn es nicht in jeder Situation möglich ist, sollten Eltern versuchen, keines ihrer Kinder zu bevorzugen bzw. ein anderes zu benachteiligen, sondern ihnen zeigen, dass alle gleichermaßen geliebt werden. Sie sollten das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, indem sie ihnen vermitteln, dass jeder besondere Fähigkeiten hat, diese aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausfallen.

Zugleich muss Geschwistern erklärt werden, warum sie nicht in jeder Situation gleich behandelt werden können und deshalb etwa aufgrund des Altersunterschiedes nicht zur selben Zeit ins Bett müssen. Verschiedene Vorteile, die jedes Alter mit sich bringt, können dagegen von den Eltern hervorgehoben werden.

Bei kleinen Streitereien müssen Eltern nicht eingreifen, meistens finden die Geschwister untereinander eine Lösung. Wird ein Kind handgreiflich oder fließen bereits die ersten Tränen, sollten Eltern aber dazwischen gehen, um den Streit zu schlichten. Gleiches gilt, wenn ein Konfliktthema über einen längeren Zeitraum immer wieder auftritt. Wichtig ist auch, den Streitenden begreiflich zu machen, dass Bösartigkeiten weder eine Lösung darstellen, noch honoriert werden. Stattdessen sollte immer darauf geachtet werden, dass eine Wiedergutmachung stattfindet. Sehr kleinen Kindern können Eltern im Streitfall auch Lösungsansätze anbieten, damit der Konflikt leichter beigelegt werden kann.

Starke Abneigung gegen Geschwister

Geschwisterrivalität ist gerade kurz nach der Geburt eines neuen Kindes in sehr vielen Familien zu beobachten, auch Streit unter Geschwistern kommt im Verlauf der Kindheit immer wieder vor und ist damit nichts Außergewöhnliches. In seltenen Fällen kann Rivalität unter Geschwistern aber problematisch werden bzw. eine emotionale Störung als Ursache haben.

Dies ist der Fall, wenn die Eifersucht und der Neid besonders lange andauern, mit weiteren psychosozialen Problemen einhergehen, das ältere Kind feindselig gegenüber dem jüngeren wird und diesem gegenüber nur noch sehr negativ eingestellt ist. Weitere Anzeichen sind unter anderem körperliche Verletzungen, die Weigerung zu teilen, keinerlei positive Reaktion gegenüber dem anderen oder auch vermehrt unglückliches oder ängstliches Verhalten. Bettnässen, Verwendung der Babysprache oder der Wunsch, gefüttert zu werden können zusätzliche Ausprägungen sein. Auch Einschlafstörungen oder der soziale Rückzug innerhalb der Familie sind mögliche Folgen.

Extreme Fälle von Geschwisterrivalität können nicht nur die Stimmung innerhalb der Familie trüben, sondern auch die Beziehungen zwischen den Geschwistern sowie zwischen Kindern und Eltern belasten. In diesen Fällen sollte professionelle Hilfe, beispielsweise in Form eines Familientherapeuten, in Betracht gezogen werden, der nach den genauen Ursachen sucht und verschiedene Lösungsansätze aufzeigen kann.

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